Ein wirklich interessantes Interview mit dem Autoren Thomas Chatterton Williams beim ZEITmagazin: “Ein Klima, in dem viele lieber schwiegen. Das machte Woke so wirksam”. Ich finde es in Gänze sehr lesenswert, und hätte die Hälfte des gesamten Artikels zitieren können, daher hier nur ein kurzer Auszug:

ZEITmagazin: Was war das Gute an Wokeness?

Williams: Wokeness benannte vieles richtig. Ein Beispiel ist MeToo: Als heterosexueller Mann hatte ich nie darüber nachgedacht, mit welchen subtilen Hürden Frauen am Arbeitsplatz konfrontiert sind, etwa beim Netzwerken oder Bewerben. Wokeness machte solche Unsichtbarkeiten sichtbar. […] Problematisch wurde Wokeness dort, wo sie über das Ziel hinausschoss: Wenn Unschuldige durch bloße Anschuldigungen ruiniert wurden und das als Preis fürs größere Ganze galt. Ein Kurator des San Francisco Museum of Modern Art wurde zum Rückzug gedrängt, nachdem er gesagt hatte, er wolle weiterhin Kunst von weißen Künstlern kaufen. Der Präsident und der Vorstandsvorsitzende der Poetry Foundation mussten zurücktreten, weil sie zwar Black Lives Matter unterstützten, aber nicht entschieden genug.

ZEITmagazin: Black Lives Matter war der sichtbarste Ausdruck dieser neuen Sensibilität. Wo genau hat sich die Bewegung aus Ihrer Sicht verrannt?

Williams: Der ursprüngliche Impuls von Black Lives Matter war berechtigt. Die Zahl der tödlichen Polizeieinsätze in den USA ist skandalös. Aber schnell verlagerte sich der Fokus von der Gewalt selbst auf die Gruppenzugehörigkeit der Opfer. Das hat viele Menschen entfremdet. Es gibt etwa den Fall von Tony Timpa, einem weißen Mann, der 2016 in Dallas fast auf dieselbe Weise starb wie George Floyd: Polizisten knieten auf ihm, während er um Atem rang, sie lachten – und er starb. Doch das Video ging nicht viral. Warum? Weil der identitätspolitische Fokus fehlte. Genau das war langfristig kontraproduktiv: Statt sich gemeinsam gegen Polizeigewalt zu wenden, wurde alles durch eine identitätspolitische Brille betrachtet.

Carlo Zottmann @czottmann

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