Neues aus der Zukunft #36: Die mit Trucks, Dr. App und Xenotransplantationen

Donnerstagmorgen sind dafür da, um mal was loszuwerden.

Eigentlich wollte ich mit NadZ nie politisch werden, aber angesichts dessen, was im Land gerade abläuft, möchte ich diese Regel kurz mal brechen.

Ich mag eigentlich alle meine Leser. Ich gehe immer davon aus, dass Ihr alle gut ausseht, aufgeschlossen, intelligent und der verdiente Mittelpunkt jeder Party seid. (Das liegt ja auch nahe!) Aber sollte es in der NadZ-Leserschaft wider Erwarten doch Menschen geben…

  • die gegen Flüchtlinge hetzen, gegen Menschen auf der Suche nach einem erträglichen oder besseren Leben
  • die Meldungen über brennende Unterkünfte auf Facebook gefälltmiren
  • die sich in intelligenzfernen und empathiefeindlichen Organisationen wie dem “Stadtschutz Dortmund” oder “Religionswachten” oder “PEGIDA” oder “NAMBLA” organisieren
  • die der Überzeugung sind, dass der komplett zufällige Akt der eigenen Geburt auf deutschem Boden automatisch Deutungs- und Befehlshoheit über den Rest der Welt verleiht
  • die kontrollierend in anderer Personen Leben eingreifen wollen, weil diese ein anderes Geschlecht haben, eine andere Art von Sexualität leben, nicht “von hier” sind oder einem anderen (oder keinem) Glauben folgen
  • die sich auf der Jagd nach Wählerstimmen den “alles Fremde ist scheisse”-denkenden “besorgten Bürgern” anbiedern
  • etc.

… — diejenigen möchte ich ernsthaft um etwas bitten: klickt den “Newsletter abbestellen”-Link weiter unten in dieser Mail und geht. Denn Eure Vorstellung der Zukunft deckt sich nicht mit der meinen. Ich möchte echt nicht in der Welt leben, von der Ihr träumt, auch, wenn es da fliegende Autos, Weltraum-Tourismus und Roboter-Haie mit Lasern auf dem Kopf gibt, denn Eure Träume sind klein, armselig und grau.

Alle anderen von Euch sind cool. Schön, dass Ihr da seid. Wenn Ihr mit dieser Ausgabe fertig seid, schaut doch bitte mal bei ichhelfe.jetzt vorbei und überlegt, ob sich nicht eventuell irgendwas Unbenutzes/Überschüssiges im Keller, im Kleiderschrank oder auf dem Konto befindet, das Menschen helfen könnte, denen es momentan nicht ganz so super geht — sowohl denen, die hier geboren sind als auch denen, die bei uns Schutz suchen. Paying it forward etc.

Ich danke Euch.

Bis zur nächsten Ausgabe,

Carlo.


China’s Baidu startet AI-App für medizinische Selbstdiagnose

Artikel bei Re/code «gtü» — Der chinesische Web-/Technologiekonzern Baidu hat einen neuen Dienst namens “AskADoctor” gestartet (zu deutsch “Frag Einen Doktor”).

Fühlt man sich unwohl, kann man seine Symptome in die AskADoctor-App sprechen oder tippen. Die App gibt dann eine automatisierte “Diagnose-Vermutung” aus, und verbindet den Nutzer mit einem entsprechenden Arzt in der Nähe. AskADoctor ist auf den chinesischen Markt ausgerichtet; der Plan der Entwickler sieht vor, in Zukunft auch die offiziellen elektronischen Patientenakten zu integrieren, um bessere Vorab-Diagnosen stellen zu können.

A voice translation app akin to WebMD. Users rattle off a list of symptoms, such as achy joints, red eyes and a cough, and the Chinese search giant sends an immediate diagnostic suggestion (flu, 75 percent odds). Then it links users to a nearby medical specialist.

A majority of Chinese online turn to the Web first for health information, and voice search is far less cumbersome than text, Wei [Fan, a researcher for Baidu in Sunnyvale, Calif.,] said. […]

With AskADoctor, the computer voice translation couples with another deep-learning model that ropes in the health data owned and scraped by Baidu across the Chinese Web. Wei said the product can assess 520 different diseases, representing upward of 90 percent of the most common medical problems nationwide.

(In Europa nahezu unbekannt, ist der Konzern so etwas wie die chinesische Antwort auf Google oder Apple.)


Daimler AG testet teilweise selbstfahrende Freightliner-Trucks auf US-Straßen

Inspiration-Truck. Quelle: Daimler AG.

Artikel bei WIRED «gtü» — Mercedes-Benz arbeitet (wie viele andere Hersteller auch) an selbstfahrenden Trucks. Vor Kurzem erhielt der Konzern vom US-Bundesstaat Nevada eine Lizenz, um seine neuen, teilweise selbstfahrenden “Inspiration”-Trucks auf öffentlichen Straßen zu testen.

The Freightliner Inspiration offers a rather limited version of autonomy: It will take control only on the highway, maintaining a safe distance from other vehicles and staying in its lane. It won’t pass slower vehicles on its own. If the truck encounters a situation it can’t confidently handle, like heavy snow that covers lane lines, it will alert the human that it’s time for him to take over, via beeps and icons in the dashboard. If the driver doesn’t respond within about five seconds, the truck will slow down gradually, then stop.

In hardware terms, the truck isn’t much different from the latest trucks and passenger cars Daimler is putting on the road. A stereoscopic camera reads lane lines. Short and long range radar scan the road up to 800 feet ahead for obstacles. No sensors face backward, because they’re not needed. There’s no vehicle-to-vehicle communication, no LIDaR. The software algorithms are adjusted versions of those developed for use in Mercedes-Benz’s autonomous vehicles.

The Freightliner is still very much a test vehicle. Daimler’s confident it’s safe for public roads, and the Nevada DMV agrees.

Es wird allerdings noch Jahre dauern, bis der Inspiration-LKW kommerziell verfügbar ist, wenn er überhaupt in der Form auf den Markt kommt. Sowohl in den einzelnen Ländern als auch auf internationaler Ebene fehlt es immer noch an gesetzlichen Regelungen und Grundlagen für den Einsatz selbstständig steuernder Fahrzeuge.


Facebook’s Mission: Software, die seine Nutzer versteht

Artikel im MIT Technology Review «gtü» - Facebook, Google, Apple und viele andere Firmen und Labore arbeiten an künstlicher Intelligenz, die natürliche Sprache versteht und bei ihrer Nutzung lernt, um bessere Antworten geben zu können. Die meisten Systeme (wie Apple’s Siri oder Google Now) haben ein recht kurzes Gedächtnis; sie merken sich nicht, was vorher gesprochen wurde, und stellen keine Verbindungen zu den zuvor gemachten Fragen her.

Wenn ich einer Person sequentielle Fragen stelle, z.B. “Gibts hier italienische Restaurants in der Nähe?” und danach “Welches davon ist empfehlenswert?”, dann ist meinem Gegenüber klar, dass sich die zweite Frage auf die erste bezieht. Für einen Computer dagegen ist das noch eine riesige Hürde. Und das ist nur eine Facette der sprachlichen Verständigung. Einen guten Einblick in die Arbeit eines der führenden Köpfe dieses Forschungszweiges, Yann LeCun, bietet das Feature beim Tech Review:

LeCun’s group is working on going further. “Language in itself is not that complicated,” he says. “What’s complicated is having a deep understanding of language and the world that gives you common sense. That’s what we’re really interested in building into machines.” LeCun means common sense as Aristotle used the term: the ability to understand basic physical reality. He wants a computer to grasp that the sentence “Yann picked up the bottle and walked out of the room” means the bottle left with him. Facebook’s researchers have invented a deep-learning system called a memory network that displays what may be the early stirrings of common sense.

A memory network is a neural network with a memory bank bolted on to store facts it has learned so they don’t get washed away every time it takes in fresh data. The Facebook AI lab has created versions that can answer simple common-sense questions about text they have never seen before. For example, when researchers gave a memory network a very simplified summary of the plot of Lord of the Rings, it could answer questions such as “Where is the ring?” and “Where was Frodo before Mount Doom?” It could interpret the simple world described in the text despite having never previously encountered many of the names or objects, such as “Frodo” or “ring.”


Xenotransplantationen von Organen

Artikel beim MIT Technology Review «gtü» — Dass Organtransplantationen bei Menschen nicht unproblematisch oder immer möglich sind, ist bekannt. Wenn Spender und Empfänger z.B. nicht die gleiche Blutgruppe haben, kann keine Transplantation stattfinden, da der Körper des Empfängers das Organ nicht akzeptieren, sondern es wie einen Eindringling bekämpfen würde.

Doch was, wenn man die Organe von Tieren verpflanzen könnte? Das klingt noch unwahrscheinlicher, aber genau daran wird gearbeitet. Durch genetische Manipulation verändern Forscher ein wenig das Erbmaterial von Labor-Schweinen, so dass sie Organe produzieren, die einem Empfänger angepasst sind, der kein Schwein ist. Das nennt sich dann “Xenotransplantation”, also eine Transplantation über Speziesgrenzen hinweg. Vor ein paar Tagen wurden große Fortschritte auf diesem Feld bekannt: einem Pavian wurde ein Schweineherz verpflanzt, und dieses schlug für 945 Tage, ein anderer Pavian erhielt ebensolche Spendernieren, die mehr als 4 Monate durchhielten.

With the financial aid of a biotechnology executive whose daughter may need a lung transplant, U.S. researchers have been shattering records in xenotransplantation, or between-species organ transplants.

The researchers say they have kept a pig heart alive in a baboon for 945 days and also reported the longest-ever kidney swap between these species, lasting 136 days. The experiments used organs from pigs “humanized” with the addition of as many as five human genes, a strategy designed to stop organ rejection. […]

“We are adding the human genes to the pig so you have the organ repressing the immune response, rather than have to give a whopping dose of immune suppressants,” says Ayares. By next year, some of the pigs will have as many as eight added human genes. These genetic changes make their organs more compatible with a human body, but the animals still look and act like normal pigs.


US-Agentur FDA erteilt Zulassung für Pille aus dem 3D-Drucker

Pillen aus dem Drucker. Quelle: AP.

Artikel bei NPR «gtü» — Die US-Behörde FDA 1 hat dem ersten Medikament, das von 3D-Druckern erzeugt wird, die Marktzulassung erteilt. Das Medikament wird bei Epilepsie verabreicht, und seine Herstellung erlaubt eine auf den jeweiligen Patienten zugeschnittene Wirkstoff-Dosierung in jeder Pille. Die Arznei kommt Anfang 2016 auf den US-Markt.

In a first, the Food and Drug Administration has given approval to a drug that is produced on a 3-D printer. The pill, produced by Aprecia Pharmaceuticals, treats seizures. It’s expected to hit the market in the first quarter of 2016. […]

Another benefit of the process, says Aprecia, the drug’s maker, is that it allows a high drug load — up to 1,000 mg — to be delivered in a single dose. The 3-D printing process creates a pill that has “a porous formulation that rapidly disintegrates with a sip of liquid,” the company says.


Zu guter Letzt…

Wenn ich die neue NadZ-Ausgabe zusammenstelle, sehe ich oft Stories, die ich interessant finde, zu denen ich aber nichts schreiben möchte. Solche Kurzlinks poste ich täglich auf Twitter (@municode#nadz) und gleichzeitig natürlich auch auf Facebook. Für die tägliche Portion NadZ schaut halt auch zwischen den Ausgaben hin und wieder mal dort vorbei! :)

Hier sind diese gesammelten Links seit der letzten Ausgabe.


New retirement age is not 65, not 80, not 95: It’s higher (CNBC) «gtü»

Finanzberater bereiten sich auf langlebige Kunden vor. Denn: die ersten Menschen, die 150 Jahre alt werden, sind schon geboren worden.


By Bill Gates: Why I’m investing $1 billion of my own money into clean energy research (Quartz) «gtü»

Eine Ankündigung mit Weitsicht.


The boom in mini stomachs, brains, breasts, kidneys and more (Nature) «gtü»

Erinnert Ihr Euch noch an die Organoids in Ausgabe #34?


Allen Fleisches Ende: Von Pflanzenblut & dem Siegeszug des Veggie-Schnitzel (Krautreporter)

KR’s Theresa Bäuerlein berichtet über den Fake-Burger aus Ausgabe #31 vom Juni ( Link), und was gerade beim Thema “pflanzlicher Fleischersatz” in der deutschen Fleischwirtschaft abgeht.


NASA Spinoff Magazine 2015 (NASA)

Das NASA Spinoff Magazine 2015: eine Liste von NASA-Entwicklungen, die zu eigenständigen Firmen wurden. Sehr cool. (PDF-Download!)


Body-hackers: the people who turn themselves into cyborgs (The Guardian) «gtü»

Ein wenig freaky… Von Körperhacker und DIY-Cyborgs.


Diese Straße tankt Ihr Auto während der Fahrt auf (manager magazin)

Großbritannien plant ein Testprojekt: das Aufladen von Elektroautos während der Fahrt per Induktion. Ein wenig mehr dazu erfährt man bei Mashable: “The UK is testing out roads that charge electric cars as they go” «gtü».


  1. “Die amerikanische Food and Drug Administration (FDA, dt. Nahrungs-und-Medizin-Verwaltung) ist die behördliche Lebensmittelüberwachungs- und Arzneimittelzulassungsbehörde der Vereinigten Staaten. Als solche ist sie dem amerikanischen Gesundheitsministerium unterstellt.” Danke, Wikipedia↩︎

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Carlo Zottmann @czottmann