Neues aus der Zukunft #7

Donnerstagmorgen sind dafür da, um sich zu fragen, wo genau die indische Marssonde jetzt wohl gerade ist. Vermutlich steht sie gerade direkt zwischen Sonne und Erde, was den fehlenden Sonnenschein erklären würde. Die Inder, ey!1 ;)

In der letzten Ausgabe bat ich meine Leser, NadZ doch weiterzuempfehlen, wenn es ihnen gefällt. Das haben auch Einige getan, und ihren sehr netten Tweets sind auch mehrere Neugierige gefolgt. Und so ging diese Ausgabe #7 heute morgen an ~600 Empfänger raus. Ich bin entzückt, danke dafür! :) Mein Fernziel für Weihnachten sind 1000 Leser, mal schauen, ob das was wird.

Bis nächste Woche,

—Carlo.

PS: Hast Du eine Idee, eine Meinung, ein Lob, eine Kritik oder einen Vorschlag? Schreib mir eine Mail! Ich mag Feedback.


Herzschrittmacherminiaturisierungsfortschritte

(Solche Worte gibts nur in der deutschen Sprache. Hah!) Herzschrittmacher helfen Patienten, deren Herz zu langsam schlägt. Die Geräte dienen als Taktgeber, die geschundenen Pumpen einen normalen Rythmus vorgeben. Sie kommen mittlerweile seit 55 Jahren zum Einsatz, jährlich werden weltweit ca. 700.000 Menschen mit neuen Schrittmachern versorgt.

Der erste komplett im menschlichen Körper eingebettete Herzschrittmacher wurde 1958 in Solna, Schweden, eingepflanzt. Er war relativ klobig und schwer, aber er funktionierte… für 3 Stunden. Er wurde ausgetauscht; das neue Gerät lief 2 Tage. Der Patient, Arne Larsson, bekam insgesamt 26 verschiedene Schrittmacher vor seinem Tod. Das war 2001, er starb mit 86 Jahren.

Seit dieser ersten erfolgreichen Operation wurden die Lebensretter ständig verfeinert: die Akkus, die anfangs noch alle paar Stunden aufgeladen werden mussten, wurden sehr viel ausdauernder, die Geräte selbst wurden verkleinert, standardisiert und verbessert. Neuere Geräte sind drahtlos ausles- und steuerbar, um dem Mediziner eine bessere Kontrolle über das Gerät zu geben. In den letzten 55 Jahren ist viel passiert! (Lustige Randnotiz: Darth Cheney, ehem. US-Vizepräsident, hat diese Drahtlos-Funktionalität in seinem Herzschrittmacher deaktivieren lassen, aus Angst vor einem technischen Anschlag auf sein Leben.)

Hatte das Gerät von 1958 noch ein Hohlmaß von 35cm³ (also ungefähr wie ein Eishockey-Puck) und ein Gewicht von 73g, so waren 50 Jahre später die die kleinsten Geräte bei ca. 15g und 6cm³ angekommen. Und heute? Letzten Monat erhielt das sog. Nanostim-Gerät die medizinische Zulassung in der EU. Es wurde in Kalifornien entwickelt und ist winzig: 1cm³ bei einem Gewicht von nur 2g. Und die Batterie des Winzlings (⌀6mm × 41.4mm) soll ungefähr 10 Jahre halten! Implantiert wird es über einen Katheter, der es von der Lendengegend zum Herzen transportiert, wo es dann in einer der Herzkammern “liegt”—eine größere OP wird damit unnötig und die Belastung für den Patienten stark verringert.

Beeindruckend.

Links zum Thema:


Open Access wird 10 Jahre alt

Sagen wir mal, Du willst die Ergebnisse Deiner wissenschaftlichen Studie veröffentlichen. Diese Studie wurde aus öffentlichen Hand finanziert, also vom Steuerzahler. Meistens erfolgt diese Veröffentlichung in Fachliteratur, dafür musst Du dem Verlag die Nutzungsrechte an Deiner Studie übertragen. Der Verlag bringt Deine Studie dann als Teil seiner teuren Publikationen heraus; diese muss von Unis, Labors und Bibliotheken bei Interesse gekauft werden—aber nicht selten kommt das Geld dafür ebenso aus der öffentlichen Hand. Die Öffentlichkeit wird also zweimal zur Kasse gebeten: einmal für Forschungsgelder, einmal von Verlagen in privater Hand, die das aus den Projekten gewonnene Wissen an die Öffentlichkeit verkaufen.

Vor 10 Jahren riefen einige Wissenschaftler, denen diese Praxis bitter aufstiess, die internationale Open-Access-Bewegung ins Leben. ( “Open access”: freier Zugang.) Sie wollten öffentliche Forschung tatsächlich wieder öffentlich machen; “wissenschaftliche Publikationen als Ergebnisse der von der Öffentlichkeit geförderten Forschung [sollen] dieser Öffentlichkeit wiederum kostenfrei zur Verfügung gestellt werden”, denn die “bisherigen Publikationsstrukturen stellen eine Privatisierung des von der Allgemeinheit finanzierten Wissens dar” (Zitat Wikipedia). Nur Forschung, deren Ergebnisse auch verfügbar ist, hilft der Wissenschaft als Ganzes weiter. Dieser etwas in Vergessenheit geratene Grundgedanke gewinnt wieder verstärkt Freunde, und so gewinnt Open Access stetig an Boden, trotz Gegenwind der am alten System gut verdienenden Verlage.

Die OA-Mission, die ehrenvolle und essentielle Tradition des Peer-Review mit der globalen Transparenz des Netzes zu verbinden: sie kommt voran, aber der Weg ist nicht ohne Steine, und so ist Open Access noch lange nicht die Norm. Dank vielversprechendem Support und einer robusten internationalen Infrastruktur sind mittlerweile knapp ein Fünftel aller jährlich neu erscheinenden, wissenschaftlichen Veröffentlichungen frei zugänglich—Tendenz steigend. Dieser Erfolg der Bewegung ist beachtlich, existiert die Bewegung doch erst 10 Jahre.

Wissenschaft behauptet sich gegen den Kommerz—das ist doch mal eine schöne Meldung. Alles Gute für die nächste Dekade, liebe Open-Access-Bewegung!

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Nanosensoren

Chemiker am MIT haben mit Hilfe von Kohlenstoffnanoröhren ( carbon nanotubes) einen subdermalen Langzeit-Nanosensor entwickelt, der die Konzentration von Stickstoffmonoxid (chem. NO) im Körper misst, einem der wichtigsten Signalmoleküle in lebenden Zellen. NO wird vom Körper u.A. bei der Koordination des Immunsystems genutzt, und produziert, wenn Entzündungen entstehen. Der Sensor registrierte diese in Tierversuchen; einmal eingesetzt funktionierte er für ca. 400 Tage.

Kohlenstoffnanoröhren sind in den Augen vieler Wissenschaftler von großem Interesse beim Einsatz in Sensoren. Die hohlen, nur einen Nanometer dünnen Zylinder aus reinem Kohlenstoff wurden im MIT-Labor benutzt, um durch das Vorhandensein unterschiedlicher Moleküle unterschiedliche Stoffe nachzuweisen, wie z.B. Oxidationsmittel wie Wasserstoffperoxid, toxische Substanzen wie Saringas, oder eben auch Stickstoffmonoxid. Die Röhrchen besitzen eine natürliche Fluoreszenz; wenn sie mit einem Molekül gekoppelt werden, das ein bestimmtes anderes Molekül “aufspüren” kann, verändert sich die Fluoreszenz. Wenn der unter der Haut befindliche Sensor dann mit einem Nah-Infrarot-Laser angepeilt wird, kann der Grad der Fluoreszenz ausgelesen werden—der Sensor gibt damit seine Messdaten preis.

Diese Meldung gefällt mir, weil sie ein gutes Bild davon zeichnet, wie die neue Generation von Sensoren aussieht bzw. aussehen wird: ohne Kabel, Batterien und Elektroden, die in den Körper gesteckt werden, dafür mit Nanotechnologie und Licht. Im Moment z.B. arbeitet das Team vom MIT daran, ihre Technologie für Glukose-Nanosensoren zu adaptieren—Diabetiker dürfen bei Gelingen auf eine Zukunft ohne Blutglukose-Messung durch Stich in die Fingerkuppe hoffen.

Allerdings vermute ich, dass es noch ein paar Wochen dauern wird, bis Nanosensoren bei unseren Hausärzten ankommen werden. Egal! Ich harre aus.

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Zu guter Letzt…

Erfolgreichen Quantenteleportation — Im August verkündete die Uni Mainz, dass sie “photonische Quantenbits außerordentlich zuverlässig” teleportiert und damit einen großen Schritt Richtung Quanten-Kommunikation und -Computer gemacht haben. (Schnell, jemand muss einen “Scotty, beam’ mich rauf”-Witz machen.)

Biohacker-Projekt der Woche: Subdermaler NFC-Chip (englisch) — Wer Near Field Communication mag (“Nahfeldkommunikation”, eine drahtlose Form der Datenübertragung zwischen Geräten, die nur wenige Zentimeter voneinander entfernt sind), sollte sich dieses Crowdfunding-Projekt anschauen: für nur $99 kann man einen reiskorngroßen NFC-Chip kaufen, der dazu gedacht ist, unter die Haut transplantiert zu werden. Der Chip kann frei programmiert werden, und benutzt werden, um z.B. das hauseigene NFC-verkabelte Türschloss zu öffnen. Ich persönlich finde es cool, habe aber selbst leider (?) keine Anwendung dafür. Wenn Du an dem Projekt teilnehmen solltest, lass es mich wissen! :)

NASA und Partner entwickeln ein sicheres Sonnensystem-Internet (englisch) — Die NASA hat die Entwicklung an technologischen Konzepten für sichere, fehlertolerante Softwaresysteme für Sonnensystem-weite Kommunikation begonnen. Schliesslich müssen wir auch noch irgendwie vernünftig mit der Erde telefonieren können, wenn wir auf unseren Ferienasteroiden im Saturn-Orbit sind.

Do-It-Yourself-Cyborg (Video, englisch, 2:56 min)— Vater baut im Alleingang eine mechanische Hand für seinen Sohn, der ohne Finger auf die Welt kam. Die Pläne dafür fand er im Internet, wo sie von anderen Bastlern frei zur Verfügung gestellt wurden. Gefertigt hat er sie daheim, im 3D-Drucker. Und zusammen mit seinem Sohn arbeitet er an neuen Designs. Der Drucker kostete ihn zwischen $1000 und $2000, aber das eigentliche Material für die Hand? Nur $10. FUCK YEAH.


  1. Gute Reise, Mangalyaan! ↩︎

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Carlo Zottmann @czottmann